Der Saturnkristall....

....ist eine klassische Skulptur im neosymbolistischen Stil. Schon der Name ist von symbolischer Bedeutung. Er weist darauf hin, dass alles Irdische im Grunde aus Sternenstaub entstanden ist. Einige physikalische Besonderheiten genügten, um das Sonnensystem innerhalb der Milchstraße werden zu lassen.

Das vorab. Der Neosymbolismus befasst sich künstlerisch und literarisch mit den Menschen und ihren Verrichtungen so wie existenzphilosophischen Zielvorstellungen im weitesten Sinne, schließt deren Denken und Handeln mit ein.

Der Saturnkristall symbolisiert also menschliches Treiben, technische Zielsetzung. Deshalb ist die Konstruktion aus doppeltem Stacheldraht "gewebt", "geflochten" und gewickelt aus der Produktion einer Hagener Metallfabrik. Dieses Material sei im Ersten Weltkrieg zum Einsatz gekommen, sagte man mir. Eigentlich sollte "blanche blade" Nato–Draht zum Einsatz kommen. Für zivile Zwecke dürfe er jedoch nicht verkauft werden.

"Gewickelt" wurde das Objekt im Jahre 1984 auf dem Hof einer westdeutschen Justizvollzugsanstalt, genauer, einer sozialtherapeutischen Anstalt (Gelsenkirchen), an der ich lange Jahre tätig war.

Im Zentrum des Objektes fungierte eine 8 eckige Klobe (Nabe), in welche 8 Streben zur Aufnahme der Eckpunkte eingelassen waren. Eine Kugel aus Draht lässt sich in dieser Größe nicht einfach als Hohlkörper "wickeln". Deshalb die vielen Achsen im Inneren.

Nun sollte dieses Objekt der Natur überlassen werden und zum Landschaftsobjekt werden. Die Überwucherung des Objektes symbolisiert den Verfall von Gebäuden und technischen Errungenschaften aber auch Zielvorstellungen der Menschen, epochale Erscheinungen von einstmals großer Bedeutung durch Überwucherung / Inbesitznahme der Natur.

Zunächst verrotteten die Achsen des Objektes. Die "Nabe" fiel herab, während der Kokon aus Stacheldraht, einstmals in den Farben blau, rot, gelb und orange koloriert, erhalten blieb. In Abständen werden Fotografien erstellt, die den Verlauf der Veränderung dokumentieren. So ist letztlich auch die Komponente "Zeit" mit erfasst. Und natürlich der Zerfall. Die Natur "holt sich alles wieder zurück", wenn der Mensch nicht länger auf seine "künstlichen Produkte" erhaltend einwirkt.

(Hartmut T. Reliwette)