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   Dr. phil. h.c. 
(Jenische) Autorin, Publizistin, lebt in Italien, schreibt u.a. Romane und
 lyrische Gedichte, Ehrendoktorwürde der Universität Basel, zahlreiche
 Literaturpreise, vor allem in der Schweiz.
  
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Wieder eine Stunde 
jeden Inhalts beraubt; 
aufs Glatteis geführte 
Gedanken an dich, 
nichts als Schimären.
  
Nie schrittst du 
sicheren Fußes zu mir, 
dein Zögern mandelte jede 
Hoffnung ein, 
selbst wenn sich ein Wimpernschlag 
lang unsere Hände begegneten
  
Nun schreibe ich, einwärts gekehrt 
ins Eis vorm tausendschönen Lachen, 
als hätte mein Herz keinen 
Tag bei dir geweilt.
  
 
  
  
Frag nicht, 
bestell kein Mahl, 
Tote lassen sich nicht bitten, 
kosten vom Nimmerleinsnapf 
im Himmelszwinger.
  
Selten findet sich Brauchbares drin, 
doch ab und zu eine Straße Licht, 
ein Labyrinth, dem auszuweichen 
kaum Sinn ergibt.
  
Zu Schreien gehäuft, 
meldet sich Wesen um Wesen, 
wir kommen mit ihren Namen 
nicht zurecht, nicht mit ihrer Zukunft, 
da helfen keine Lieder.
  
Die Kleider längst zerrissen, 
die Trauer der Stille anheim gegeben, 
sind wir, was wir sind:
  
ein vergangenes Lächeln.
  
 
  
  
Geh, deine Zeit 
kennt keine Brüder,
  
keinen Stern in 
keines andern Welt.
  
Du, mein zu Schanden 
gerittener Traum, 
mein ahnungsloser Fuß 
betritt eine schüchterne Nacht.
  
Untröstlich dein Schrei, 
erstarrt auf dem Weg 
zu meinem Planeten;
  
nur in der Mitte 
findet Wahrheit den Hort.
  
Am Rande der erinnerten Sprache 
wartet ein Schweigen, 
außerhalb jeder Gefahr 
mein Wort.
  
Oder doch?
    
 
  
  
Himmel, welch ein Wort, 
Sterne, Milchstraßen, 
was für Worte.
  
Leg auf die Worte den Tod, 
schon kräht ein Hahn zurück 
in die Dunkelkammer Mitsammen.
  
Klein ist sie, ich weiß, 
dümmer als alle Leben, 
ein Herz- und Seelengekröse, 
kurz nur, und ohne Belang.
  
Das Libretto des Hohns 
erblüht zur Giftbeere, 
zum Aronstab.
  
Kein Später hält uns zusammen, 
kein himmelwärts strömender Trost.
  
Zu viele Worte haben uns belebt, 
zu viele zerstört
  
Aber da ist eines, 
beredter als jede Hand, 
eine Wahnstiege höher 
belassen wir diesen Kometen
  
glauben, lieben
  
finden wieder Erde, 
Zuversicht.
  
als wäre das Gestern 
nur Traum gewesen:
  
geträumte Kloake, 
zu spät als solche erkannt.
 
  
(Alle Texte aus 01/2005)
 
  
    
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